Martin Ruffertshöfer möchte nach knapp 30 Jahren als Chef des Diakonischen Werks mehr Zeit für die Familie haben.
Martin Ruffertshöfer verlässt nach 27 Jahren als operativer Leiter das Diakonische Werk. Die Nachricht kam am Wochenende überraschend. Zumindest für die Öffentlichkeit. In einer Stellenanzeige im Weißenburger Tagblatt suchte das Diakonische Werk einen neuen Vorstandsvorsitzenden. „Ja, da haben mich jetzt schon ein paar gefragt“, lacht Ruffertshöfer am Telefon und beruhigt gleich. „Ich bin weder krank, noch musste ich gehen, noch gibt es irgendeinen Stress.“ Tatsächlich tritt der 60-Jährige zum 1. Oktober in die Ruhephase seiner Altersteilzeit. „Der Vorstand weiß das schon seit sieben Jahren, dass ich vorzeitig gehen werde“, erklärt Ruffertshöfer. „Die Mitarbeiter wurden im März informiert. “Für die Diakonie bedeutet der Abschied allerdings das Ende einer Ära. Als sich Ruffertshöfer als junger Mann für den Job als Geschäftsführer bei der Diakonie bewarb, stand ein neues Jahrtausend vor der Tür. Seitdem hat er das Diakonische Werk geprägt wie kein Zweiter. Und das bis zum Schluss. Auf der Zielgeraden seiner Arbeitsbiografie brachte er noch die Vereinigung mit dem benachbarten Kreisverband Roth-Schwabach über die Bühne. Seitdem heißt sein Arbeitgeber Diakonisches Werk Südfranken und ist zu einem gewaltigen Unternehmen gewachsen. 600 hauptberufliche und gut 350 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort von Katzwang bis Solnhofen und von Eichstätt bis Merkendorf in vier Landkreisen und einer kreisfreien Stadt tätig. In der Pflege, der Betreuung und der Beratung tragen diese fast 1000 Angestellten für ein Vielfaches an Menschen Verantwortung. Dass der Sitz des neuen Großunternehmens Weißenburg ist, hat auch viel mit Ruffertshöfer zu tun, der die Erweiterung gemeinsam mit seinem Team und dem Diakonie-Vorstandplante, koordinierte und umsetzte. Über die Jahre ist die Geschäftsführung der Diakonie zu einem Managerposten geworden.
Nächte auf dem Sofa
Einem, in dem Ruffertshöfer aufging. „Ich habe das immer alleine gemacht. Ohne Stellvertreter. Und ich habe das gerne gemacht, weil ich das Vertrauen bekommen habe und etwas gestalten konnte.“ Die Kehrseite waren Zwölf- bis 16-Stunden-Tage. Die langen Pendelzeiten in seine Wahlheimat Fürth sorgten dafür, dass er wenig Zeit zu Hause verbrachte. In den Anfangsjahren gab es auch die ein oder andere Nacht auf dem Sofa im Büro, wenn es abends bei einem Termin zu spät wurde. „Meine Frau hat immer gesagt, eigentlich bist du mit der Diakonie verheiratet. Das war oft scherzhaft, aber manchmal war es auch mit Sorge“, erzählt Ruffertshöfer. Vieles sei da auf der Strecke geblieben und jetzt sei es an der Zeit, „das sich meiner Frau auch einmal etwas zurückgebe“. Gemeinsam habe man sich entschieden, mit dem 60. Geburtstag einen neuen Lebensabschnitt anzufangen. Nicht nur, was die Arbeit, auch was die Familie betrifft. „Wir sind in ein Mehrgenerationenhaus mit der Familie unseres Sohnes gezogen. Mit unserem Enkelsind da jetzt drei Generationen untereinem Dach. So wie das früher üblich war. Und das klappt gut.“Ruffertshöfer wirkt zufrieden mitdieser Entscheidung und seinem Abschied, scheint sich auf den neuen Lebensabschnitt zu freuen. Ob es ein guter Moment für seinen Abschied sei, so direkt nach der umgesetzten Vergrößerung? Der 60-Jährige hat über diese Frage nachgedacht und eine Antwort gefunden, mit der er leben kann. „Es ist immer kein guter Moment“, erklärt er. Zum Beleg referiert er nur die Herausforderungen der vergangenen Jahre: Inflation, Energiekrise, Corona, Flüchtlinge, Wirtschaftskrise . . .Eigentlich sei es immer herausfordernd gewesen, sagt Ruffertshöferim Rückblick. Sozialarbeit mit dem christlichen Auftrag der Nächstenliebe, aber einem kühlen Blick auf die Zahlen, ist ein schmaler Grat. Einer, der zudem stark davon abhängt, wie die öffentliche Hand all die Leistungen finanziert, die sie gerne hätte, aber nicht selbst leisten mag. Ruffertshöfer ist guter Dinge, dass die Diakonie Südfranken stabil für die Zukunft aufgestellt ist. „Wir haben ein super Team und es ist jetzt auch der richtige Moment, das auf etwas breitere Füße zu stellen.“ Mittelfristig soll es zwei Vorstände und vielleicht noch einen kaufmännischen Geschäftsführer geben.
Baumhaus und Nordlichter
Der stellvertretende Vorstand soll wohl aus dem Haus kommen und dürfte die Übergangszeit moderieren. Denn Ruffertshöfer wird zum 1. Oktober von seinen Ämtern und Pflichten entbunden, der neue Vorstand wird zum 1. Januar des neuen Jahres erwartet. „Ich werde bis zum letzten Tag alles für die Diakonie geben“, versichert Ruffertshöfer. Dann wird er nach Hause, nach Fürth fahren – und am nächsten Tag erst mal nicht wiederkommen. „Ein bisschen runterkommen“ sei der Plan. „Aber ich habe auch ein paar Projekte, möchte meinem Enkel ein Baumhaus bauen und zusammen mit meiner Frau wollen wir in dem Jahr noch die Nordlichter sehen. “Vorher stehen ihm aber noch knapp zwei Monate Arbeit und eine Verabschiedung ins Haus. Die soll wohl Mitte Oktober in Weißenburg stattfinden. Sie wird dann endgültig eine Ära beenden, die nicht nur die Diakonie, sondern auch die Regiongeprägt hat.
Text: Weißenburger Tagblatt (Jan Stephan)